Der Falke

Mal eben einen Vogel im Flug fotografieren

Eine Hommage an Tierfilmer

Es hört sich ganz einfach an. Man setzt sich hin, wartet auf den Vogel, hebt die Kamera und macht Fotos in Serie, bis der Vogel verschwunden ist und schon hat man einen Vogel im Flug fotografiert.

 

Ziemlich schnell kam ich darauf, dass die Vögel schneller flogen als ich reagieren konnte und dass dann, wenn ich endlich soweit war, die Kamera auch noch mit erheblicher Zeitverzögerung auslöste. So kam ich zu vielen, vielen Fotos mit unscharfem Himmel.

 

Selbstverständlich schob ich die unmöglichen Ergebnisse auf das Equipment. Meine Kamera war schon alt, das große Teleobjektiv hatte keinen Stabilisator und ich kein Geld für neue Sachen.

 

Somit hatte ich es aufgeben, den Vogelflug zu fotografieren, und wählte Blumen als Motiv. Die konnten wenigstens nicht weglaufen, selbst wenn sie im Wind hin und her schwankten. Tiere fotografierte ich dennoch, denn Hummeln, Bienen und anderes Getier taten mir den Gefallen, so lange den Nektar zu schlürfen, bis ich meine Kamera schussbereit hatte.

 

Doch dann klopfte die Herausforderung in Form eines Falken an die Tür. Der nistete im Giebel einer ehemaligen Schule. Ich sah ihn in seinem Nesteingang hocken und das Kommen und Gehen der Sportler und Besucher der Geschäftsbüros beobachten. Es saß ganz ruhig da, fast als ob er sich einen Fernsehfilm anschaute.

 

Ich hatte an dem Tag nur mein Handy dabei, das zwar recht gute Fotos machte, jedoch auf die Entfernung und Höhe den armen Falken arg verpixelte und er auf dem Foto völlig unscharf war.

 

Doch mein Feuereifer war geweckt: den wollte ich fotografieren, genauso wie er dort saß und die Menschen beobachtete. Mit etwas Glück erwischte ich ihn sogar im Anflug oder gar im Flug. Mein Herz hüpfte vor Vorfreude.

 

Ich fragte um Genehmigung, auf dem Privatgelände fotografieren zu dürfen, reinigte die Kamera, und die Objektive, lud die Akkus auf und las viel über Fotografie. Ich fand mich gut vorbereitet und legte Anfang Juni los.

 

Auf dem Parkplatz der Schule fand ich den optimalsten Platz. Ich konnte im Auto sitzen bleiben und das schwere Teleobjektiv auf der Fensterscheibe auflegen. Somit war das „Falkenloch“ hoch oben im Giebel kameramäßig perfekt eingerichtet.

 

Kaffee und Butterbrote hatte ich mir mitgenommen, weil ich beim Nichtstun ständig Hunger bekam. Da kam mir zum ersten Mal der Gedanke, wie das wohl Profi-Tierfilmer handhabten. Den Kaffee roch man doch, wenn man in der freien Natur ansaß. Vertrieb das die Tiere?  Werden die Tiere vielleicht sogar von den schmatzenden, klackenden Gebräuchen des Kauens vertrieben? Die Profi-Tierfilmer saßen bestimmt auch näher am Motiv dran – oder?

 

Auf jeden Fall informieren sich  die Profis sich VORHER über ihre Ziele und wissen mehr über die Gewohnheiten der Tiere, als ich.

 

Was wusste ich denn schon?  Mein Motiv war vermutlich ein Turmfalke. Turmfalken können sehr schnell fliegen.

 

Was ich DEFINITIV nicht wusste, war, dass Ansitzen so müde macht. Ich nickte spätestens nach 20 Minuten ein. Egal ob morgens, mittags, abends oder in der Dämmerung. Viele, viele Tage lang.

 

Genaugenommen war es scheinbar auch egal, ob ich schlief, denn den Falken sah ich kein einziges Mal. Alle Menschen, die ich dort ansprach, hatten ihn auch nicht gesehen, aber auch nicht darauf geachtet. Einer erklärte sich bereit, jeden Morgen, wenn er ins Büro kam, hinaufzuschauen. Er berichtete mir täglich per Email, dass er den Falken nicht gesehen hatte.

 

Nach etwa 14 Tagen sprach ich jemanden, der das Falkennest seinerzeit für Eulen in den Giebel eingebaut hatte. Er guckte mich erstaunt an und meinte, die Falken hätten dieses Jahr früher gebrütet und seien schon vor Wochen ausgeflogen. Er hätte die „Flugschule“, die die Falkeneltern mit ihren Kindern abhalten, beobachtet. Es wäre ein wunderbares Erlebnis gewesen.

 

Seine Augen strahlten!

 

Meine fielen zu.

 

Enttäuscht ging mir auf, dass ich jetzt ein ganzes Jahr lang schlafen konnte, denn die Falken brüten nur einmal im Jahr!

 

Ich nutzte die Zeit, mich über diese herrlichen Greifvögel zu informieren und staunte über die wunderbaren Fotos von Falken im Flug: im Rüttelflug, im Gleitflug, im Sturzflug (sie schaffen eine Geschwindigkeit von ca. 200 km/h, so dass eine Flugschule, in der sie lernen wie man rechtzeitig vor dem Erdboden abbremst, doch sehr sinnvoll ist). Es gibt auch hervorragende Fotos von der Paarung und der Aufzucht der Jungen. Das alles stellen gute Fotografen im Internet zur Verfügung, um uns die Schönheit dieser (und anderer) Vögel zu zeigen und uns auch auf die ständig wachsende Gefahr des Aussterbens hinzuweisen.

 

Chapeau – liebe richtigen Tierfotografen! Und ein dreifaches Chapeau für Euer Können und Eure unendliche Geduld, sich für uns stunden-, ja tage- und wochenlang hinzusetzen, irgendwo hinzulegen und vermutlich sogar Hunger und Durst auszuhalten, damit nicht eine unachtsame Bewegung das Objekt der Foto-Begierde doch noch vertreibt.

 

Ich bleibe bei meinen Blumen, obwohl … ich übe mit meinem Kater Wurftechniken, so dass ich ihn beim Fangen fotografiere. Bislang habe ich als Ergebnis schräge Büsche, unscharfe Bäume, halbe Himmel und, man glaubt es kaum, 3 Schmetterlinge in der Luft. Sie flatterten so lange an derselben Stelle, bis ich mühsam von der Wiese aufgestanden war und mich auf einem Bein vorsichtig in die Bohnen stellte, mich reckte, das Foto machte, um dann vor lauter Freude die Balance zu verlieren und durch meinen Fall die Bohnenpflanzen zerstört hatte. Natürlich vor der Ernte.

 

Na ja, ein bisschen Schwund gibt es schließlich überall…

 

 

Aber einen Artikel gab es doch noch mit einem Falken-Foto von jemand anderem  >>>

http://www.pro-meissen.de/index.php/neuigkeiten/pro-meissen-2/248-der-falke-von-meissen